Wie wird Innenstadt kommuniziert?

 

Wann? 29.September 2021
Wo? online

Der zweite Erfahrungsaustausch des Jahres fand unter der Frage, „Wie wird Innenstadt kommuniziert?“ statt. Die Kommunikation der Innenstädte ist vielfältig und entwickelt sich zu einer spannenden Herausforderung, vor allem vor dem Hintergrund neuer digitaler Möglichkeiten. Diese beinhalten immer komplexer werdende Kanäle sowie eine offene Beteiligungskultur. Der Erfahrungsaustausch griff verschiedene Perspektiven auf und stellte diese in den Mittelpunkt der Kommunikation.

Jens Imorde, Geschäftsführer des Netzwerk InnenstadtNRW begrüßte die Referent*innen und hieß ebenfalls rund 50 Teilnehmer*innen herzlich willkommen.

Prof. Dr. Sebastian Zenker, Professor an der Copenhagen Business School, ging in seinem Impulsvortrag darauf ein, wie sich Kommunen als Marke etablieren können und wie dies die Außenwirkung beeinflussen kann. Städte sollten sich als Marke präsentieren, denn dadurch würden Assoziationen und Gefühle bei Besucher*innen und Bewohner*innen ausgelöst. Zenker nennt drei Möglichkeiten, die Markenbildung beeinflussen. Weniger vielversprechend sei dabei die werbliche Kommunikation via Logos oder Slogans, da hierfür oftmals zu wenig finanzielle Ressourcen zur Verfügung stünden. Deutlich effizienter sei zum einen die physische Kommunikation, also das werben mit historischen Bauwerken und weiteren Anziehungspunkten. Zum anderen sorge das sog. Word-Of-Mouth (zu dt. Mund-zu-Mund-Propaganda) für die beste Außenwirkung und Markenbildung einer Stadt. Das Word-Of-Mouth könne eine Stadt durch konsequentes Storytelling beeinflussen, so dass die Lösung für ein auftretendes Problem sei, es in einem interessanten Rahmen als Geschichte zu verkaufen. Abschließend betont Herr Zenker, dass für gute Kommunikation einer Stadt Ausdauer und Durchhaltevermögen nötig seien.

Marion Dirks, Bürgermeisterin der Stadt Billerbeck, berichtete über die Erfahrungen einer Stadt mit 12 Tsd. Einwohner*innen, die über kein Stadtmarketing verfügt. Ein zentrales Problem zu ihrer Amtseinführung im Jahr 2004 sei gewesen, dass die Wahrnehmung der Bewohner*innen Billerbecks von ihrer eigenen Stadt deutlich negativer war, als die Wahrnehmung der Besucher*innen. Daraufhin habe sie zwei Hauptmaßnahmen ergriffen. Zum einen ging es um die Aufwertung des Stadtraums mit umfangreicher Bürger*innenbeteiligung, zum anderen um eine offene, pro-aktive Kommunikation in der Öffentlichkeitsarbeit. So seien alle Mitarbeiter*innen der Verwaltung und Politik befugt, Pressemitteilungen zu verfassen. Wichtig sei, ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen. So erfolge die Kommunikation zwischen Bürgermeisterin und Bewohner*innen teilweise über den Messenger Dienst WhatsApp. Seit der Etablierung dieser Maßnahmen habe sich das Bild der Bewohner*innen von der eigenen Stadt deutlich verbessert. Darüber hinaus entsteht ein positiver Nebeneffekt: erfolgreiches Stadtmanagement helfe in Billerbeck bei der Mitarbeiter*innenakquise.

Martin Knabenreich, Geschäftsführer von Bielefeld Marketing, betonte in seinem Vortrag die Bedeutung breiter kommunaler Netzwerke für funktionierendes Stadtmarketing. Auch er empfindet die klassische Stadtwerbung via Flyer und Slogans als wenig erfolgsversprechend. Die Marketingstrategie Bielefelds basiert auf einer großangelegten Bürger*innenbeteiligung, die Grundlage für ein eigenes Branding war. Unter den 5.500 Beteiligten ließen sich drei Themenschwerpunkte festhalten: Bielefeld als lebenswerte Großstadt, starker Wirtschaftsstandort und Bildungs- und Wissensstandort. Erfolgsfaktoren seien in der Vergangenheit Mitmachaktionen gewesen, allen voran Fotowettbewerbe bei Social-Media-Diensten. Das neu kreierte Stadtlogo, welches nicht nur die Anfangsbuchstaben, sondern auch Teile der Bielefelder Sparrenburg enthält, sei ebenfalls ein Erfolg. Durch das Freigeben der Bildrechte, finde man das Logo mittlerweile an vielen Orten oder Institutionen in der Stadt wieder. Abschließend wiederholte Herr Knabenreich, dass man hin zu einer Aktivierung der Bürger*innen, Stakeholder und Räume kommen müsse. Wichtigstes Element sei, dass Planer*innen mit Bürger*innen kommunizieren, damit dessen Projekte auch angenommen werden.

Dipl. Ing. Michael Brunsiek, Fachbereichsleiter für Stadtplanung und Bauordnung in Rheda-Wiedenbrück, ging im Wesentlichen auf das Kloster als physische Marke der Stadt ein. Insbesondere durch die Genossenschaftsgründung mit über 800 Mitgliedern habe man verschiedene Kultur-, Veranstaltungs-, Bildungs-, und Begegnungsangebote in dieses historische Gebäude gebracht und somit aus dem früher geschlossenen Ort inzwischen einen alltagsoffenen Möglichkeitsraum geschaffen. Die Belebung, Attraktion und Identität nach innen und außen und die vergleichsweise „schnelle“ Umnutzung des Klosters Wiedenbrück und Genossenschaftsgründung seien ein gutes Beispiel dafür, wie Geschichten kreiert würden und positive Kommunikation mit allen Beteiligten stattfinden könne. Darüber hinaus spiele die Erweiterung des stadtkulturellen Angebots und des City Marketing eine wesentliche Rolle für das Event Marketing im Allgemeinen.

Zum Abschluss wurden die wesentlichsten Punkte für ein erfolgreiches Stadtmarketing hervorgehoben. Dabei kristallisierte sich insbesondere die Bedeutung der Kommunikation zwischen allen Akteursgruppen heraus. Persönliche Gespräche und kurze Kommunikationswege könnten das WIR-Gefühl bestärken und somit der Stadt zugutekommen. Außerdem wurde wiederum das Storytelling als wertvolles Instrument betont, welches das Momentum nutzen solle, um es in eine positive Richtung entwickeln zu können, wie beispielsweise im Fall der Hochwasserkatastrophe. Darüber hinaus sei die stetige Weiterentwicklung der Marke einer Stadt bedeutend und dabei müsse auch zeitweise eine andere Perspektive eingenommen werden, die zu Anpassungsprozessen und Umstrukturierungen für eine nachhaltige Trendwende führen könnten.