ExLab: Urbane Datenräume

Rückblick - Urbane Datenräume: Basis für Digitale Zwillinge und andere Anwendungsfälle

 

Wann? 14. Juni 2023, 8:30 – 10:30 Uhr
Wo? Online

Die zurückliegende Veranstaltung "Urbane Datenräume" stellt die zweite Veranstaltung in diesem Jahr aus der Themenreihe ExLab dar und führt die erste Veranstaltung „digitale Zwillinge in der Stadtentwicklung“ fort. Im Zuge dieser wurde ersichtlich, dass ein Blick in die zugrundeliegende technische und datenbasierte Infrastruktur von digitalen Zwillingen unerlässlich ist. Schließlich bilden die verschiedenen städtischen Daten, Informationen und Systeme das Grundgerüst für eine Vielzahl von Anwendungen. Der Fokus der Veranstaltung wurde auf Offene Urbane Datenplattformen gelegt, die das Ziel haben, verschiedene Datenquellen und -typen zu verknüpfen und die Daten aus bestehenden Datensilos in einer Gesamtstruktur zu vereinen. Nur so können die Potenziale, die sich aus der Verschneidung der Daten ergeben, effizient genutzt werden. Allerdings birgt der Aufbau einer solchen Datenplattform auch diverse Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Auf diese wurde im weiteren Verlauf der Veranstaltung eingegangen.  

Jan Cyganski aus dem Cities Team des Berliner Büros Arup hat in seinem Vortrag die Potenziale und verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von Offenen Urbanen Datenplattformen detailliert dargestellt. Dabei hob er insbesondere die Bedeutung von offenen und verlinkten Daten sowie den Mehrwert der strukturierten Bereitstellung von Daten hervor.Konkrete Anwendungsbeispielewaren u.a. das sensorgestützte Monitoring der Parkplatzauslastung, ein Crowdsourcing-Ansatz zur Verkehrsbeobachtung sowie ein digitales Leerstandsmanagement. 

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass viele Kommunen die Entwicklung einer eigenen Datenplattform anstreben, es allerdings Unsicherheiten im Aufbau dieser gibt. Dahingehend wurde auf Standards zu Datenformaten (DIN SPEC 91357, OGC, DCAT-AP) hingewiesen und verdeutlicht, dass die Strukturen stets von den individuellen Bedürfnissen und Schwerpunkten der Kommune abhängig sind. Eine klare Empfehlung stellt die Entwicklung der Datenplattform im Kontext einer konkreten Anwendung dar. Dies sorge für eine gesteigerte politische undverwaltungsinterne Legitimation. 

Der Geoinformatiker Urs Basalla aus dem Amt für Tiefbau und Entwässerung der Stadt Herrenberg stellte die Live-Anwendung des verwaltungsinternen Digitalen Zwillings vor. Dabei präsentierte erdiverse Anwendungsfälle, die schrittweise in den Zwilling eingebunden wurden und den einzelnen Fachämtern eine entsprechende Nutzung und Informationsgewinnung ermöglichen. In dem 3D-Abbild wurde die Altstadt Herrenbergs inkl. der Gebäudefassaden detailgetreu nachmodelliert. Darüber hinaus sind unterirdische Infrastrukturen wie z.B. Abwasserleitungen sowie das Baumkataster integriert, wodurch Baumpositionen und Kronendurchmesser ersichtlich sind. Auch der Wurzelraum ist ableitbar und macht potenzielle Konflikte im Untergrund sichtbar. Darüber hinaus sind Luftbilder und Karten zur Hochwassergefahr sowie Windgeschwindigkeit hinterlegt, die etwa eine flexible Testplanung von Windrädern ermöglichen. Neben Verschattung und Sonnenständen wurden vor kurzem auch Bebauungspläne und städtebauliche Entwurfsmodelle integriert. Auf Grundlage dieser können Wirkungs- und Sichtbarkeitsanalysen durchgeführt werden. Insgesamt resultieren durch den digitalen Zwilling vielfältige Möglichkeiten für Verwaltungsmitarbeitende und Bürger*innen Auswirkungen frühzeitig sichtbar zu machen und bei der planerischen Abwägung zu helfen. 

Durch die Rückfragen zum Vortrag wurde deutlich, dass die meisten Datengrundlagen für Anwendungen wie einen digitalen Zwilling bereits in den Fachämtern vorliegen, jedoch im Hinblick auf einer Verschneidung ungenutzt bleiben. Die Integration verschiedener Datenformate ist in der von Herrenberg genutzten AutoDesk Infraworks-Software problemlos möglich. Auch einzelne Ausschnitte wie Gebäude oder Quartiere können aus dem digitalen Zwilling exportiert werden und ermöglichen einen gezielten Einblick in die Teilgebiete und Informationen der Stadt. Da jedoch zukünftig auch viele Vorteile in der Nutzung von freier bzw. offener Software liegen, strebt die Stadt hier noch einen Wechsel an. Es wurde deutlich, dass auf dem Weg zum Aufbau eines digitalen Zwillings viel Eigeninitiative und Überzeugungsarbeit zu leisten ist. 

In der Abschlussdiskussion wurde erneut die fehlende eindeutige Definition von digitalen Zwillingen aufgegriffen. Dabei wurden Unterschiede zwischen Geobasiszwillingen als spezifischen Fachzwillinge thematisiert und die Frage diskutiert, ab wann Anwendungen und 3D-Abbilder als digitale Zwillinge gelten. Es wurde deutlich, dass sich diese Frage (noch) nicht abschließend beantworten lässt und einer subjektiven Einordnung unterliegt. Eine Analysefunktion der verschnittenen Daten und die Generierung von Wissen, über die reine Informationsfunktion hinaus, wurden allerdings als anzustrebendes Ziel formuliert. Darüber hinaus wurde ersichtlich, dass eine klare Zielstellung und -formulierung notwendig ist. Viele Kommunen beschäftigen sich aktuell mit den Thema Digitale Zwillinge und den notwendigen Datenstrukturen, wissen aber nicht immer, wo es genau hingehen soll und was letztendlich das Endresultat sein kann. Aufgrund dieser Tatsache ist es umso wichtiger, empfohlene (Daten-)Standards zu berücksichtigen. Auch um eine nachhaltige, interoperable und nach außen offene Nutzung der Systeme sicherzustellen und keine Insellösung zu generieren.  

 

Aktuell sind bedeutende Veröffentlichungen zum Thema Urbane Zwillinge und Urbanen Datenplattformen erschienen, welche den Diskurs anregen und die Kommunen beim Aufbau der Strukturen unterstützen sollen. Nachfolgend eine kleine Auswahl: 

Urbane Digitale Zwillinge – Eine Stadt sehen, verstehen und lebenswert gestalten. Expertenpapier der Fachkommission Geoinformation, Vermessung und Bodenordnung des Deutschen Städtetages: 
https://www.staedtetag.de/publikationen/weitere-publikationen/2023/expertenpapier-urbane-digitale-zwillinge 

Urbane Datenplattformen – Von der Idee bis zur Umsetzung: Entscheidungshilfen für Kommunen. Veröffentlichung des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR):
https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/sonderveroeffentlichungen/2023/urbane-datenplattformen.html 

Ein Überblick Urbaner Datenplattformen – Eine Evaluierung nach Designprinzipien der DIN SPEC 91357: Veröffentlichung des Fraunhofer IAO:
https://publica-rest.fraunhofer.de/server/api/core/bitstreams/cca00384-5fcc-4fa7-8671-db876649bbe3/content

 


Hinweis: Das „ExLab“ ist als wiederkehrendes Austausch- und Experimentierformat für digitale Anwendungen im Kontext von Stadtentwicklungsprozessen geplant. Der nächste Termin findet voraussichtlich im November statt. Haben Sie Interesse an einem bestimmten digitalen Tool? Oder nutzen Sie bereits ein besonderes digitales Tool, welches Sie als besonders gewinnbringend für Ihre Arbeit empfinden? Dann melden Sie sich bitte bei uns, wir freuen uns über jegliche Anregungen auf Ihre Bedarfe und nehmen diese gerne in künftige Ausgaben des ExLab auf. Geben Sie uns gerne einen Hinweis unter sandscheiper@innenstadt-nrw.de.