ExLab: Urbane Datenräume

Rückblick - ExLab: Unsere Städte auf dem Weg zur Künstlichen Intelligenz?

 

Wann? 14. November 2023, 8:30 – 10:30 Uhr

Wo? Online per Videokonferenz

 

Im dritten und letzten ExLab des Jahres 2023 widmete sich das Netzwerk Innenstadt NRW einem Thema bzw. einer Technologie, die medial aktuell sehr präsent ist und unsere Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit prägen wird: Künstliche Intelligenz. 

Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT, einer generativen Text-KI, für die breite Öffentlichkeit, werden die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz auch im öffentlichen Diskurs erörtert. 

Diese ergeben sich jedoch nicht nur in Hinblick auf die Generierung von Texten, sondern auch in vielen weiteren Handlungsfelder, die auch für die Stadtentwicklung eine große Rolle spielen können. Gleichzeitig ist aber noch nicht ganz klar, wie diese Rolle aussehen wird und welche Grundlagen noch geschaffen werden müssen, damit Künstliche Intelligenz in Städten und ihren Verwaltungen sinnvoll zum Einsatz kommen kann. Daher die titelgebende Frage: „Unsere Städte auf dem Weg zur Künstlichen Intelligenz“? 

Deshalb bekamen die 45 Teilnehmer*innen des ExLabs einen Einblick in verschiedene urbane KI-Projekte und -Anwendungen, die teils bereits einsatzbereit sind oder als Prototypen weitere Möglichkeitsfelder aufzeigen.  

Als Einleitung stellte der Moderator Florian Sandscheiper verschiedene Thesen zur Künstlichen Intelligenz in den Raum. Künstliche Intelligenz sei eine Technologie, die so oder so komme, deshalb sei es vor allem wichtig, die Entwicklung aktiv mitzugestalten und ihr großes Potential im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu nutzen, bspw. zur Unterstützung bei Partizipation, zur Freisetzung von Ressourcen (personell und finanziell) und als Grundlage für Entscheidungsfindungen. Der Weg dahin könne für Städte aber nur über eine umfassende Digitalisierung der städtischen Datenbestände laufen, um schlussendlich auch KI sinnvoll einsetzen zu können. Für die Motivation für diesen Prozess seien vor allem konkrete Nutzungsversprechen und Praxisbeispiele wichtig. 

Einen solchen konkreten Nutzen zeigte der erste Referent, Herr Jens-Peter Seick vom Fraunhofer Institut INA-IOSB, in seinem Vortrag zum Projekt KI4LSA. In diesem wurde eine KI-gesteuerte Ampelanlage an einer Kreuzung in Lemgo ausgetestet, um Effekte auf die effiziente Verkehrssteuerung verschiedener Verkehrsarten sowie eine bessere Ressourcenschonung auszutesten. 

Tatsächlich konnten ein um 15% besserer Verkehrsfluss sowie eine CO2-Reduktion um 17-22% erreicht werden. Die Ampelanlage ermögliche auch eine Re-Priorisierung der Verkehrsarten, um für mehr Gleichberechtigung im Straßenverkehr zu sorgen. Auch könne die Technik datenschutzkonform umgesetzt werden. Das Projekt wurde mittlerweile um das Projekt KI4PED erweitert, in dem ebenfalls Menschenströme in den Blick genommen werden, perspektivisch sollen alle Verkehrsteilnehmer einbezogen werden können. Ziel muss es sein, dass eine KI entsprechend der normativen Ausrichtung der Stadtentwicklung eingestellt und dementsprechend optimiert.  

Der zweite Referent, Leon Lukas vom Innovationslabor der Stadt München, brachte gleich mehrere Projektbeispiele mit, die die Stadt entwickelt hat. Anhand von Satellitenbildern können bspw. Bäume automatisiert erkannt werden. So kann das Umwelt- und Grünflächenamt Zu- oder Abnahmen im Zeitverlauf erkennen oder die Stadtplanung den Verlauf von Leitungen besser planen. 

Auch in der Verkehrszählung, die bisher händisch durchgeführt wurde, können anhand von bestehenden Daten verlässliche Prognosen für die Zeiträume zwischen den Messungen erstellt werden. Verwaltungsintern spannend ist die Freitextanalyse, mit der z.B. Beiträge in großen Beteiligungsprozessen automatisch als positiv oder negativ ausgewertet werden können. 

Ebenfalls textbezogen ist „MucGPT“. Dieses Programm basiert auf der Technologie von ChatGPT. MucGPT ist jedoch für den kommunalen Einsatz zugelassen, da es DSGVO-konform arbeitet und keine vertraulichen Daten zur Verbesserung des Algorithmus von ChatGPT eingesetzt werden können, da es in einem europäischen Rechenzentrum läuft. 

Weiterhin stellte Herr Lukas den kommunalen Wissensassistenten vor, der Benutzer*innen auf Basis der öffentlich verfügbaren Daten der Stadt Volltext-Antworten auf ihre Fragen geben kann. Falls ein Bürger etwa eine Frage zur Beantragung eines Passes oder zur Wohnungssuche hat, muss er sich so bestenfalls nicht mehr durch die Website durchklicken, sondern bekommt direkt eine ausformulierte Antwort. 

Die Grundproblematik bei vielen textbasierten Anwendungsbeispielen ist, dass diese eine umfassende und „saubere“, maschinenlesbare Datengrundlage brauchen, die viele Kommunen sich erst noch erarbeiten müssen. Häufig liegen kommunale Daten in vielen unterschiedlichen Datenformaten vor wie Bildern und Scans, PDF-Dateien oder Tabellen, die für heutige KI-Systeme noch schwer auszuwerten sind. 

Diese Problematik betrifft auch das letzte vorgestellte Tool namens „F13“, dem neu entwickelten KI-Verwaltungsassistenten des Landes Baden-Württemberg. Dieses stellt Johannes Ast vor, Projektleiter im Innovationslabor Baden Württemberg. F13 basiert auf dem Sprachmodell von Aleph Alpha, einem hochbewerteten Heidelberger KI-Start-up. F13 ist darauf ausgelegt, intuitiv und ohne Vorwissen bedient zu werden. Er kann Texte zusammenfassen, Vermerke anfertigen und bei der Recherche assistieren, was dem Wissenstransfer hilft. 

Ein häufiges Problem bei Text-KI ist, dass sie „halluziniert“, also fehlende Informationen hinzuerfindet. Hier betont Herr Ast, dass eine umfassende Verwaltungsdigitalisierung nicht durch KI ersetzbar ist, sondern vielmehr ihre Vorbedingung. Auch der Datenschutz sei bei KI ein sehr kritisches Thema – die Programme dürften keine Rekonstruktion vertrau<s>n</s>licher Daten möglich machen.  

In der anschließenden Diskussion kam die Frage auf, wie gerade kleinere Kommunen einen Einstieg ins Thema KI finden könnten. Herr Lukas betonte, es brauche zwar nicht unbedingt eigene Entwickler*innen, aber doch jemanden, der oder die sich mit Digitalisierung auskennt und die Anforderungen und Implementierbarkeit externer KI-Lösungen einschätzen und diese im Sinne des Gemeinwohls steuern könne.  

Herr Seick hielt fest, dass sich Kommunen einen Fahrplan von der Digitalisierung bis zur KI machen sollten und in die Welt der KI eher mit kleineren, überschaubaren Projekten wie Chatbots zu starten, um eigene Kompetenzen aufzubauen und sich so heranzutasten. Ein Teilnehmer berichtete, seine Kommune habe ein erstes KI-Projekt auf Kreisebene mit anderen Kommunen zusammen durchgeführt, um die Kompetenzen zu bündeln.  

Florian Sandscheiper beendete die Veranstaltung mit einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichen Diskussionspunkte und verwies auf die kommenden Veranstaltungen des Netzwerk Innenstadt NRW. 

 


Hinweis: Das „ExLab“ ist als wiederkehrendes Austausch- und Experimentierformat für digitale Anwendungen im Kontext von Stadtentwicklungsprozessen geplant. Haben Sie Interesse an einem bestimmten digitalen Tool? Oder nutzen Sie bereits ein besonderes digitales Tool, welches Sie als besonders gewinnbringend für Ihre Arbeit empfinden? Dann melden Sie sich bitte bei uns, wir freuen uns über jegliche Anregungen auf Ihre Bedarfe und nehmen diese gerne in künftige Ausgaben des ExLab auf. Geben Sie uns gerne einen Hinweis unter sandscheiper@innenstadt-nrw.de.