Hochschulen in Klein- und Mittelstädten

Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe „Universitäten und Innenstadtentwicklung“ nahm der Erfahrungsaustausch am 24. November 2020 das Thema „Hochschulen in Klein- und Mittelstädten“ in den Blick. Während viele Universitäten in großstädtischen Strukturen schon seit Jahrzehnten bestehen, handelt es sich in kleineren und mittelgroßen Städten meist um Neugründungen oder Auslagerungen größerer Standorte, denen sich ganz andere Herausforderungen bieten.

Mit einem Impulsvortrag über „Wissenschancen der Nichtmetropolen“ führte Herr Dipl.-Soz. Steffen Zierold (Forschungsreferent, Institut für Hochschulforschung, Universität Halle-Wittenberg) in die Thematik ein. Er betonte dabei die Heterogenität des Stadttypus Mittelstadt und verwies auf die Vielzahl unterschiedlicher Herausforderungen. Mit einem Instrument zur systematischen Selbstbeschreibung könnten Akteure jedoch spezifische städtisch-wissenschaftlichen Beziehungsmuster herausgearbeiten. Auf diesen Beziehungsmustern aufbauend führte Zierold einige Kooperationsinstrumente und strategische Erfolgsfaktoren auf, die eine Zusammenarbeit zwischen Universität und Stadt zielführend gestalten können.

In einem ersten Praxisbeispiel präsentierte Frau Nicole Burke (Leiterin Dezernat Ressourcen, Hochschule Rhein-Waal, Kleve) die räumlichen, kooperativen und investiven Effekte der beiden relativ jungen Standorte Kleve und Kamp-Lintfort auf die jeweilige Innenstadtentwicklung. Besonders betonte sie die regelmäßige und enge Zusammenarbeit zwischen Stadt und Hochschule sowie die ausgeprägten Netzwerkstrukturen in den Städten und Kreisen, die sich in verschiedenen Austauschformaten für die Bevölkerung äußern. Räumlich gesehen stellen die beiden Standorte Eingangstore zur Innenstadt dar und gestalten sich offen für Besucher, während sie für Stadt und Region ein wichtiger Arbeitgeber sind und durch Studierende und Angestellte eine hohe Kaufkraft anziehen.

Als Gegenbeispiel stellte im folgenden Vortrag Herr Thorsten Grote (Stadtbaurat, Stadt Iserlohn) dar, welche Probleme sich Hochschulstädten bei starken Pendlerbeziehungen in umliegende Regionen bieten. Trotzdem stellte er heraus, welchen Stellenwert die Einbindung der beiden Hochschulen für die Stadtentwicklung in Iserlohn hat. In Kooperation mit diesen sowie einer weiteren Hochschule entwickelt Iserlohn momentan im Rahmen der Regionale einen digitalen Wissenscampus. Die Entwicklung der bahnhofsnahen Brachfläche spielt sowohl im aktuellen Stadtentwicklungskonzept als auch für die Förderung der Smart City Strategie eine wichtige Rolle. Gemeinsam mit den Hochschulen sollen zudem verkehrstechnische Projekte angestoßen werden und die Stadt in Zukunft als Forschungsraum zum Thema Smart City dienen.

Mit der ältesten Privatuniversität Deutschlands verfügt die Stadt Witten bereits über langjährige Erfahrungen und Beziehungen zum Thema wissensbasierte Stadtentwicklung. Frau Barbara Bokel (Planungsamt, Stadt Witten) betonte dabei die Rolle der

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Privatuniversität Witten-Herdecke als Impulsgeber für die Stadtentwicklung. Momentan befinde sich die Universität in einer Ausbauphase, für die das Gebiet gemeinsam mit dem angrenzenden und veralteten Gewerbegebiet als Stadtumbaugebiet ausgerufen wurde. Hier sollen einzelne städtebauliche Projekte, wie die Errichtung einer neue Verbindungsachse zwischen Innenstadt und Universität, neue studentische Wohneinheiten sowie ein Spiel- und Freizeitplatz für eine bessere Identifikation und Bindung zur restlichen Stadt sorgen. Im Bereich der Innenstadt wirke sich das studentische Leben durch neue Gastronomie- und Handelskonzepte positiv auf das Stadtbild aus.

Abschließend fasste Moderator Jens Imorde die Erkenntnisse der drei Veranstaltungen zusammen und stellte heraus, dass sich die lokalen Voraussetzungen zwar unterscheiden würden, die Herausforderungen der Hochschul- und Stadtentwicklung jedoch ähnliche Muster aufweisen. Zum einen gilt es für die Städte, das studentische Leben (besser) in die Stadt zu integrieren und die Studierenden vor Ort zu halten, damit sie durch ihre Kreativität, Kaufkraft und mögliche Ausgründungen die Stadt mitprägen. Auch die räumliche Integration der Hochschule in die städtischen Strukturen gestaltet sich vielerorts schwierig, ist jedoch essenziell, wenn es darum geht, eine Identifikation mit der Stadt bzw. Hochschule zu erreichen. Und letztlich braucht es verstetigte Kooperationsformen zwischen beiden Institutionen, die auf strategischer Ebene dafür sorgen, die jeweilige Entwicklung miteinander zu verknüpfen.