Innenstadtuniversitäten

Das Netzwerk Innenstadt NRW hat am Mittwoch, den 19.08.2020 einen Erfahrungsaustausch zum Thema ,,Universitäten und Innenstadtentwicklung“ durchgeführt. Aufgrund der unterschiedlichen räumlichen und baulichen Ausprägung der Universitäten und Hochschulen in Nordrhein-Westfalen widmete sich die Auftaktveranstaltung dem Typus der historisch gewachsenen Innenstadtuniversitäten. In den nachfolgenden Veranstaltungen im November 2020 wird der Fokus auf Campusuniversitäten sowie auf Hochschulen in Klein- und Mittelstädten liegen.

Zur Einführung in die Thematik der Standortentwicklungen von Hochschulen zeigte Sebastian Hermann (Gesellschafter, ASTOC Architects and Planners GmbH, Köln) anhand von vier Beispielen (Köln, Karlsruhe, Mühlheim an der Ruhr und Heidelberg) unterschiedliche planerische Herausforderungen und Herangehensweisen auf. Als zentrale Erkenntnis ließen sich ähnliche Wachstumstendenzen der Hochschulen identifizieren, aus denen ein steigender Flächenbedarf im Stadtraum resultiert. Die in diesem Zusammenhang festgestellten Nachverdichtungsproblematik im innenstadtnahen Raum setzte sich im Folgenden auch in den beiden Praxisbeispielen aus Bonn und Aachen fort.

In einem zweigeteilten Vortrag wurde die räumliche Entwicklung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität sowohl aus universitärer als auch aus städtischer Perspektive beleuchtet. Marion Duisberg, Dezernatsleiterin, Dezernat Liegenschaften der Universität Bonn stellte dabei besonders die unterschiedlichen Entwicklungspotenziale der vier Hauptstandorte der Universität hervor. In den kommenden Jahren sollen die hier vorhandenen Freiflächen nachverdichtet und für universitäre Zwecke genutzt werden. Helmut Wiesner, Dezernent für Planung, Umwelt und Verkehr der Stadt Bonn betonte in diesem Zusammenhang die enge städtebauliche Verzahnung von Universität und Stadt. Für die nähere Zukunft sind mehrere Projekte im Bereich Mobilität geplant, welche die Erreichbarkeit der Campi und die Verbindung mit der Innenstadt stärken sollen. Wiesner merkte an, dass der Dialog mit der Stadtgesellschaft und insbesondere den Anwohner*innen im Mittelpunkt stünde und Interessenskonflikte ausgeräumt werden müssten.

In Aachen entwickelt sich die RWTH Aachen ebenfalls an verschiedenen Standorten. Durch die neuen Campi Melaten und West soll eine Verbindung zwischen forschungsintensiven Nutzungen am Stadtrand und dem Hauptcampus in der Innenstadt geschaffen werden. Dabei betonte Geva Aschhoff, Dezernatsleiterin, Dezernat Facility Management der RWTH Aachen, dass unterschiedliche Besitzverhältnisse für Unterschiede bei der Planungsgeschwindigkeit und -sicherheit sorgen.

In der abschließenden Diskussion mit den Teilnehmer*innen des Erfahrungsaustausches kristallisierten sich drei Themenfelder heraus, welche für das Verhältnis zwischen Universität und Stadt und somit auch für die Stadtentwicklung von gehobener Bedeutung sind:

  1. Räumliche Allianz und Urbanisierung von Universitäten und Städten
  2. Dialogorientierung mit allen beteiligten Akteuren
  3. Verbindung des Städtebaus und der Stadtentwicklung durch Projekte in den Bereichen Mobilität, Nachbarschaft und des öffentlichen Raums.

Als Fazit der Veranstaltung bleibt die Erkenntnis, dass die Hochschulentwicklung viele Schnittstellen zu weiteren Planungsaufgaben und städtischen Fragestellungen aufweist. Daraus folgt auch, dass Interessenskonflikte zwischen Universität, Stadt und Gesellschaft entstehen, die es zu lösen gilt. Im Rahmen der Veranstaltung wurde deutlich, dass eine frühzeitige und umfangreiche Beteiligung von Akteuren, Anliegern und Stadtbevölkerung in der Lage ist, die Planungsprozesse transparenter zu gestalten, Dialoge zu schaffen und allgemeinverträgliche Lösungen zu entwickeln. Die Hochschule dient heutzutage als kräftiger Motor der Stadtentwicklung und übernimmt öffentliche Funktionen, jedoch müssen gleichzeitig auch die Auswirkungen ihrer baulichen und räumlichen Entwicklung für ihr unmittelbares Umfeld berücksichtigt werden.

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