Kooperative Stadtentwicklung – Chancen und Grenzen privaten Engagements

am 04. November 2015 in Essen
am 17. November 2015 in Kleve

Nachhaltige Stadtentwicklungspolitik ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Eine kooperative Stadtentwicklung wird dabei immer wichtiger, um auch zukünftig die Gestaltungsmöglichkeiten auf kommunaler Seite zu erhalten. Zum einen stehen den Kommunen für die vielfältigen städtebaulichen Herausforderungen immer weniger Ressourcen zur Verfügung, zum anderen entsteht eine neue Form der Verantwortungs- und Beteiligungskultur. Die Aktivierung privaten Engagements, seien diese nun inhaltlicher oder finanzieller Art, ist damit eine notwendige Folge für eine erfolgreiche Quartiers- und Innenstadtbelebung. Wo liegen die Chancen und Grenzen für öffentlich-private Kooperationen? Diese Frage stand bei den Innenstadt-Gesprächen in Essen und Kleve im Fokus der Impulse und Diskussionen.

Elke Frauns vom büro frauns aus Münster setzte sich in ihrem Impulsreferat mit den verschiedenen  Akteuren bei kooperativen Stadtentwicklungsprozessen auseinander.  Sie stellte die Vielfältigkeit der Akteure heraus. Es gibt nicht den Immobilieneigentümer. Es gibt nicht den Unternehmer. Und auch in der Politik und Verwaltung gibt es große Unterschieden bei den Charakteren. Einige empfinden z. B. Kooperationen mit privaten Akteuren als Bereicherung, andere als Belastung. Wichtig bei einer Zusammenarbeit sei eine notwendige Sensibilisierung für den jeweils anderen Partner und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Da dies in der Praxis nicht immer leicht umzusetzen ist, braucht es eine gemeinsame Strategie und den Willen aller Akteure, die Innenstadt wert zu schätzen. Frau Frauns stellte eindringlich heraus, dass privates Engagement nicht als Lückenbüßer für „klamme Kassen“ dienen darf und notwendige Aufgaben der Verwaltung ersetzen kann. Als Chancen des privaten Engagements sieht sie u. a. dass Prozesse eine hohe Transparenz aufweisen, die Akzeptanz von Entscheidungen sich vergrößert und ausgewogene Lösungen gefunden werden können. Grenzen ergeben sich vor allem durch die unterschiedlichen Logiken und Planungsstrukturen der beteiligten Akteure. So sind u. a. die Planungsgeschwindigkeiten unterschiedlich und die Aufgabenteilungen nicht immer eindeutig.

Der Steuerberater Martin Gesigora aus Münster konzentrierte sich in seinem Beitrag auf die Organisationsformen von privaten Zusammenschlüssen und die damit verbundenen rechtlichen Aspekte. Nach einer Einleitung zur Gemeinnützigkeit ging er im ersten Teil auf die Rechtsform der Immobilien- und Standortgemeinschaften in NRW ein. Das nordrhein-westfälische „ISG-Gesetz“ weist im Gegensatz zu den übrigen Bundesländern die Besonderheit auf, dass die Immobilien- und Standortgemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet werden kann.Dies führt in Deutschland immer auch zu einer Besteuerungspflicht, die in Abhängigkeit zur Rechtsform unterschiedlich ausfallen kann. Für eine ISG sieht Herr Gesigora den eingetragenen Verein als die günstigste Variante zur Wahl der Rechtsform an. Als weitere Rechtsformen nannte er die GmbH oder die Genossenschaft. Im zweiten Teil erläuterte Herr Gesigora die Sachverhalte anhand einiger Praxisbeispiele zur Besteuerung von Interessen- und Standortgemeinschaften. So ging es z. B.  in einem Fall um die Frage, ob die vom ISG-Verein erhobenen Mitgliedsbeiträge der Körperschaftsteuerpflicht zu unterwerfen sind oder nicht. 

Auch in den anschließenden Diskussionen sowohl in Essen als auch in Kleve konnte noch einmal deutlich herausgestellt werden, dass es keine Patentrezepte für eine Kooperative Zusammenarbeit gibt, sondern immer die Besonderheit vor Ort betrachtet werden muss. Ein erfolgreiches Gelingen liegt auch immer an dem Willen und Bereitschaft der einzelnen Akteure. In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage nach einer geeigneten Ansprache zwischen den Akteuren. Eine Teilnehmerin fasste zusammen, dass oft ein großes Misstrauen zwischen Politik, Verwaltung und Privaten bestehen würde. Wie können also private Akteure gewonnen werden? Wer unternimmt den ersten Schritt? Elke Frauns betonte, dass eine Kooperation auch nicht immer harmonisch verlaufen muss, wichtig sei nur eine gegenseitige Akzeptanz und eine gemeinsame Zielvorgabe. An die Politik wurde appelliert, die Konsequenzen der Entscheidungen und des politischen Handelns im Blick zu haben, gerade auch bei langfristigen Projekten.

Durch die Vorstellungen von Praxisbeispielen und –erfahrungen aus Essen durch Andreas Bomheuer, Geschäftsbereichsvorstand für Kultur, Integration und Sport und Stefan Schwarz, Amtsleiter FB Stadterneuerung und Bodenmanagement, aus Kleve durch Jürgen Rauer, Technischer Beigeordneter, und Ute Schulze Heiming, Geschäftsführerin Kleve Marketing GmbH & Co. KG sowie aus Bocholt durch Ulrich Paßlick, Stadtbaurat, konnten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen jeweils auch ein Bild von positiven Kooperationen in der Stadtentwicklung machen.