Innenstadt-Kooperationen im Wandel

Wann? 28. Februar 2023
Wo? online 

 

Der Erfahrungsaustausch als zweite Veranstaltung der Themenreihe "Vernetzte Innenstadtentwicklung: Rollen & Strukturen" am 28.02.2023 behandelte das Thema „Innenstadt-Kooperationen im Wandel“. Dazu waren Interessierte (Fach-)Vertreter*innen aus unseren Mitgliedskommunen herzlich eingeladen, um dem regen Austausch über Strukturen wie Werbegemeinschaften, ISGs, Handelsvereine und Innenstadt-Managements beizuwohnen. Als Ausgangslage galt, den vielzähligen und komplexen Herausforderungen, besonders im Einzelhandel, zu begegnen und gemeinsam Lösungen und neue Ansätze zu ihrer kooperativen Bewältigung zu entwickeln.

Für eine angeregte Diskussion sorgten spannende Beiträge der eingeladenen Referent*innen:

Hendrik Welp | Prokurist, Citymanagement und Standortmarketing, Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH

Jens von Lengerke | Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Abteilungsleiter für Handel und Stadtentwicklung

Tim Weyer | Geschäftsführer des Dülmen Marketing e.V.

Michael Rottmann | Geschäftsführer der Lengerich Marketing GmbH - Gesellschaft für Standortmarketing und Citymanagement

Elke Frauns | Geschäftsführerin des Büro frauns, Innenstadtmanagerin in Halle (Westfalen)

Einleitend bot Frau Christiane Marks eine Übersicht über die Akteursstrukturen der referierenden Gemeinden und Organisationen. Mithilfe einer schematischen Darstellung kooperativer Stadtentwicklung und einer Übersicht kommunaler sowie zivilgesellschaftlicher und privatwirtschaftlicher Akteure konnte zudem eine Brücke zur vorherigen Veranstaltung mit dem Thema „Stadtmarketing & Co. im Zusammenspiel“ geschlagen werden.

Im Anschluss folgte der Vortrag von Herrn Welp aus Rheine  über die Strukturen und Leistungen der EWG – Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH. Als Tochterunternehmen der Stadt Rheine kümmert sich diese insbesondere um das Innenstadtmanagement und bietet damit eine Koordinierungsfunktion für die Innenstadtakteure. Gegründet wurde sie aus einem Stadtmarketingfördertopf. Herr Welps deklariertes Ziel sei die Bündelung privater Interessen unter einem Dach. Außerdem existiert eine „Arbeitsgruppe Citymanagement“, in der innenstadtbezogene Themen angesprochen werden.

Jens von Lengerke von der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen gab anschließend einen Einblick in die IHK, welche bei Veranstaltungen vor Ort sowie Kampagnen beratende Tätigkeiten übernimmt. Ihm zufolge wird es immer schwieriger, den Weg über Werbegemeinschaften zu nehmen, weshalb an passenden Konzepten gearbeitet wird, um gemeinsam Veranstaltungen zu führen. Wichtig ist ihm eine gute Sichtbarkeit im Bereich des Online-Marketings.

Eine weitere kommunale Struktur präsentierte Herr Weyer aus der Stadt Dülmen, der zunächst die bestehenden Probleme der Stadt darstellte. Es fehle an einem ausreichenden Warensortiment, außerdem gebe es eine zu geringe Passantenfrequenz. Als positiven Aspekt nannte er die günstige Lage zwischen dem Ruhrgebiet und der Stadt Münster. Herr Weyer leitet den Dülmen Marketing e.V., der von zahlreichen Akteuren gemeinsam getragen wird, darunter  Banken, die Stadtwerke, ein Schwimmbad, die IDU, die DeHoGa, Stadtbetriebe, die Kaufleute-Vereinigung und letztlich die Stadt selbst. Für eine wirtschaftlichere Arbeitsweise wurde sich dazu entschieden, von einer Vereinsstruktur zu einer GmbH zu wechseln . Als Problem sieht Herr Weyer das wechselhafte Ehrenamt, positiv wurde hingegen die starke Zusammenarbeit mit allen Innenstadtakteuren erwähnt. Mehrere Partnertreffen pro Jahr und monatliche Jours Fixes sorgen für einen stetigen Austausch. Als Praxisbeispiele nannte er den eigenen Lieferservice, den Dülmen Gutschein, sowie der „Dülmener Winter“ als Veranstaltung, welche nicht frei von Kritik, aber letztlich von essentieller Bedeutung für die innerstädtischen Kaufleute sei.

Auf Anfrage aus dem Publikum bezüglich des Lieferdiensts fügte Herr Weyer noch hinzu, dass ausschließlich Dülmen und seine Ortsteile beliefert werden und die Bezahlung über die Einzelhändler erfolgt. Eine weitere Frage bezog sich auf die große Menge der Beteiligten, diese käme dadurch zustande, dass auch Akteure außerhalb der Innenstadt willkommen seien, wie etwa das Schwimmbad oder die Sauna. Grund dafür ist hauptsächlich der „Dülmen Gutschein“, der stadtweit einsetzbar sein soll.

Michael Rottmann zeigte im Anschluss seine Perspektive aus der Stadt Lengerich auf. Die Lengerich Marketing GmbH setzt sich aus der Stadt, der Bürgerstiftung Gempt, der Werbegemeinschaft Lengerich und dem Verein Offensive Lengerich e.V. zusammen, weitere Akteure werden in die Arbeit einbezogen. Sie hat eine strategische Scharnierfunktion zwischen Stadt und privaten/bürgerschaftlichen Akteuren und übernimmt auch einen Teil der Außenkommunikation der Stadt, bzw. im Tourismus. Zudem kümmert sie sich bspw. um einen Verfügungsfonds für die Innenstadt, es existiert ein Baustellen- sowie Leerstandsmanagement. Besonderheiten sind eine Imagebefragung im Jahr 2020, ein „Digitaler Adventskalender“ mit Innenstadtgeschichten, ausgefallene Lichtinszenierungen in der Innenstadt, sowie die Vorreiterstellung Lengerichs bei der Nutzung von Innenstadtbändchen für die 2G-Regelung während der Pandemie. 

Als Abschluss des Erfahrungsaustausches hielt Elke Frauns einen Vortrag, die mit ihrem büro frauns u.a. Teil des Innenstadtmanagements in Halle (Westfalen) ist. Sie nahm eine andere Perspektive als ihre Vorredner*innen ein. Zunächst distanzierte sie ihren Aufgabenbereich von dem Begriff der „Innenstadtmanagerin“, da sie sich nicht als „Kümmerer“ sieht. Sie formuliert im Anschluss mehrere aus ihrer Sicht für eine erfolgreiche Innenstadtkooperation ausschlaggebende Thesen. So sei die Vielfalt an Akteurs-Zusammenschlüssen in Innenstädten oft auch eine Herausforderungen, da diese immer ein Mehr an notwendiger Kommunikation, Schnittstellen und Zuständigkeiten bedeute, was aber von klassischen Werbegemeinschaften oft nicht mehr geleistet werde. Gleichzeitig würden die heute existierenden Akteursformen nicht die multifunktionale Innenstadt repräsentieren, sondern v.a. ökonomische Interessen.

Zudem seien diese Strukturen sehr stark von öffentlichen Geldern und Förderungen abhängig. Damit einhergehend würden immer mehr Aufgaben vom Ehren- zu hauptamtlichen kommunalen Stellen verschoben. Bei gleichzeitigem Nachwuchsmangel könne man deshalb oft nur noch schwer von Kooperationen reden. Die Arbeit in solchen Strukturen sei zudem oft von Aktionismus und wenig strategischem Denken und Planen bestimmt, der Fokus liege auf dem „Verkaufen“, obwohl die Zukunft der Innenstadt im „Erleben“ liege. Außerdem würden die Strukturen nicht selten von lange gewachsenen Emotionen wie Neid oder Missgunst geprägt, was in der Summe echte Kooperationen oft behindere. Insbesondere das Ehrenamt müsse sich künftig überlegen, was eigentlich seine Funktion und Aufgabe sei, und nicht nur Forderungen an die Kommunen aufstellen. Deshalb müsse man über ganz neue Formen der Innenstadtkooperationen nachdenken mit einem besseren Beziehungsaufbau und Partnerschaftmanagement sowie einer besseren Aufgabenverteilung.

Für manche dieser Thesen bekam Frau Frauns Zuspruch, so betonte Herr Weyer, dass der Einzelhandel sich oft mehr fragen müsse, was er für Netzwerke tun könne. Es folgte eine rege Diskussion mit den Teilnehmenden, aus dem das Ziel, Netzwerke auszubauen, hervorging. Auch brauche Eigeninitiative sowie Professionalität viel Unterstützung, um langfristig Strukturen aufzubauen.

Danach beendete Frau Marks die Veranstaltung mit dem Hinweis auf die voraussichtlich im Mai folgende letzte Veranstaltung der Themenreihe „Vernetzte Innenstadt-Entwicklung: Rollen & Strukturen“.


Sollten Sie Interesse an den Präsentationsfolien haben, so schreiben Sie uns unter info@innenstadt-nrw.de gerne eine E-Mail. Wir werden Ihnen diese dann zukommen lassen.